Berlin, 09.12.2024 – Wer krank ist, kann hierzulande einfach zum Arzt oder zur Ärztin gehen. Die notwendigen Untersuchungen und Behandlungen werden meist von der Krankenkasse bezahlt. Aber wie funktioniert das überhaupt? Und warum müssen wir manche Behandlungen selbst bezahlen? Auf dieser Seite wird das Gesundheitssystem in Deutschland einfach erklärt.
Meist bewegen wir uns ganz selbstverständlich durch das Gesundheitssystem. Fühlen wir uns nicht gesund, gehen wir zum Arzt oder zur Ärztin. Hier bekommen wir Hilfe. In den meisten Fällen wird die Behandlung von der Krankenversicherung bezahlt. Allerdings muss die Krankenkasse nicht jede Behandlung übernehmen, manchmal müssen auch Anträge für Kostenübernahmen gestellt werden oder die Krankenkasse übernimmt die Kosten einer Behandlung nicht. Dann ist die Orientierung im Gesundheitssystem für viele Patienten und Patientinnen schwierig.
Wir haben uns angeschaut, wie unser Gesundheitssystem aufgebaut ist und wer sich worum kümmert.
Wer gibt den gesetzlichen Rahmen für das Gesundheitssystem vor?
Das Gesundheitssystem in Deutschland ist sehr komplex, da viele verschiedene Personen, Organisationen, Verbände und Körperschaften daran beteiligt sind.
An oberster Stelle steht dabei der Gesetzgeber: Der Bundestag berät und beschließt Gesetze, die z. B. vom Bundesministerium für Gesundheit als Entwurf vorgelegt werden.
Das Bundesministerium für Gesundheit gibt den grundsätzlichen Rahmen für die Gesundheitsversorgung vor und überprüft, ob alles im Einklang mit dem Gesetz steht. Außerdem erarbeitet es Entwürfe für neue Gesetze und Verordnungen, über die der Gesetzgeber abstimmt.
Wie finanziert sich das Gesundheitssystem?
Für die Finanzierung der Gesundheitsversorgung ist die gesetzliche Sozialversicherung zuständig. Diese dient der Absicherung von Bürgern und Bürgerinnen, z. B. wenn sie krank werden, ihre Arbeit verlieren oder einen Unfall haben. Die gesetzliche Krankenversicherung ist Teil der Sozialversicherung. Die rechtlichen Vorgaben zur gesetzlichen Krankenversicherung sind im Sozialgesetzbuch 5 (SGB 5) festgelegt. Für die private Krankenversicherung sind nur wenige Paragrafen des SGB 5 von Bedeutung.
Krankenversicherungspflicht und duales Gesundheitssystem
In Deutschland besteht eine Krankenversicherungspflicht. Dabei gibt es ein duales Gesundheitssystem: Das bedeutet, dass es zwei Möglichkeiten der Krankenversicherung gibt: die gesetzliche und die private.
Wie funktioniert die gesetzliche Krankenversicherung (GKV)?
Die GKV ist für die meisten Menschen in Deutschland eine Pflichtversicherung. Derzeit gibt es fast 100 Krankenkassen in der gesetzlichen Krankenversicherung. In der Regel können Versicherte frei wählen, welcher Krankenkasse sie beitreten möchten. Kinder oder Ehepartner können ohne einen Extrabeitrag mitversichert werden. Alle Versicherten in der GKV sind automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert.
In der gesetzlichen Krankenversicherung sind alle medizinischen Leistungen genau festgelegt und für alle Versicherten gleich. So kann jeder Patient die Leistungen bekommen, die er benötigt, um sich z. B. von einer Krankheit zu erholen. Darüber hinaus bieten die einzelnen Krankenkassen auch Wahltarife, Bonusprogramme oder freiwillige Zusatzleistungen an.
Versichertenbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung
Menschen in der gesetzlichen Krankenversicherung zahlen einen monatlichen Versicherungsbeitrag. Dieser richtet sich nach der Höhe des Einkommens und ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Gesundheitsstatus des Versicherten. Der Beitrag wird direkt vom Arbeitslohn oder von der Rente einbehalten. Dabei zahlen Versicherte nur die Hälfte des Beitrags. Die andere Hälfte übernehmen der Arbeitgeber oder die Rentenversicherung.
Wie kommt mein Beitrag zu meiner Krankenkasse?
Die gesamten Versichertenbeiträge gehen nicht direkt an die Krankenkassen, sondern fließen in einen sogenannten Gesundheitsfonds. Auch der Bund zahlt hier Zuschüsse ein.
Die einzelnen Krankenkassen erhalten aus dem Gesundheitsfonds anteilig Geld, entsprechend ihren versicherten Mitgliedern. Je mehr kranke und ältere Mitglieder in einer Krankenkasse versichert sind, umso mehr Geld erhält die Krankenkasse aus dem Gesundheitsfonds. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Einkommensunterschiede der Mitglieder und die zu tragenden Krankheitslasten auf alle Krankenkassen gleichmäßig verteilen.
Wer bezahlt meine Gesundheitsversorgung?
Wer mit seiner Versichertenkarte zum Arzt, zur Zahnärztin oder zum Psychotherapeuten geht, muss dort in der Regel nichts bezahlen. Die Versichertenkarte gilt als Nachweis der Krankenversicherung. Damit können alle notwendigen medizinischen Untersuchungen und Behandlungen in Anspruch genommen werden. Dies nennt man Sachleistungsprinzip. Die Ärztin, der Arzt reicht seine Rechnung bei seiner Kassenärztlichen Vereinigung ein. Diese fordert dann die Bezahlung bei der Krankenkasse des Patienten an.
Warum muss ich manchmal etwas dazuzahlen?
Für bestimmte Gesundheitsleistungen müssen Versicherte einen Eigenanteil leisten. Dieser ist gesetzlich festgelegt. Das gilt z. B. für:
- Medikamente und Verbandsmaterial (5–10 Euro)
- Heil- und Hilfsmittel, z. B. Krankengymnastik oder Hörgeräte
- Krankenhausaufenthalte oder Reha-Maßnahmen (10 Euro pro Tag, maximal 280 Euro im Jahr)
- Häusliche Krankenpflege
Für diese Zuzahlungen gibt es aber eine Obergrenze, die sich aus dem Einkommen der Versicherten errechnet. Insgesamt dürfen die Zuzahlungen nicht mehr als 2 Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens betragen. Für chronisch Kranke gilt eine Ein-Prozent-Belastungsgrenze. Wer mehr bezahlt, kann eine Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenkasse beantragen.
Welche Leistungen bezahlt die Krankenkasse nicht?
Medizinische Leistungen, die für eine ausreichende medizinische Gesundheitsversorgung nicht notwendig sind, muss die Krankenkasse nicht übernehmen. Diese Leistungen sind müssen privat bezahlt werden. Solche Leistungen werden Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) genannt. Dazu gehören z. B. Impfungen vor Fernreisen oder auch bestimmte diagnostische Verfahren, deren medizinischer Nutzen nicht bewiesen ist.
Wie funktioniert die Private Krankenversicherung (PKV)?
Die private Krankenversicherung steht nur bestimmten Personen offen. Dazu zählen Beamte, Unternehmer, Freiberufler und Arbeitnehmer mit einem hohen Einkommen. Die private Krankenversicherung wird ausschließlich durch die Beiträge ihrer Mitglieder finanziert. Die Beitragshöhe richtet sich nach dem gewählten Versicherungstarif. Ähnlich wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung übernehmen der Arbeitgeber oder die Rentenversicherung die Hälfte des Beitrags, allerdings nur bis zu einer Höhe, die dem maximalen Zuzahlungsbetrag in der gesetzlichen Versicherung entspricht.
Alle Versicherten einer privaten Krankenkasse können grundsätzlich die Krankenkasse frei wählen.
Ein Wechsel zwischen den Krankenkassen ist jedoch nicht immer möglich, da der Versicherer einen Antrag auf Versicherung aufgrund von Alter oder Vorerkrankungen ablehnen kann.
Ab welchem Gehalt muss man sich privat krankenversichern?
Menschen mit einem Einkommen ab 73.800 Euro im Jahr bzw. 6.150 Euro im Monat (Stand 2025) dürfen von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln. 2024 waren es noch 62.100 Euro im Jahr bzw. 5.175 Euro im Monat. Es besteht aber keine Verpflichtung, dies zu tun.
Was kostet die private Krankenversicherung?
Die Tarife in der privaten Krankenversicherung richten sich vorrangig nach dem Alter und dem gesundheitlichen Zustand des Mitglieds. Dabei werden vor Vertragsabschluss bestimmte Vorerkrankungen abgefragt. Es gilt: Je älter und kränker das Mitglied, desto höher fällt in der Regel der Versicherungsbeitrag aus.
Zusätzlich können die Mitglieder selbst entscheiden, welche Leistungen sie versichern lassen möchten. Diese Leistungen werden in einem Vertrag zwischen dem Mitglied und der Krankenkasse festgelegt.
Eine beitragsfreie Mitversicherung, wie die Familienversicherung in der GKV, gibt es in der PKV nicht. Hier ist jede Person eigenständig versichert, auch die Kinder. Außerdem sind die Versicherten der PKV verpflichtet, eine private Pflegeversicherung abzuschließen. Zudem richtet sich die Höhe des Versicherungsbeitrags nach der gewählten Selbstbeteiligung und nach Zusatzleistungen, wie Chefarztbehandlungen, Kostenübernahmen für Seh-, Hörhilfen oder Zahnersatz.
Wie funktioniert die Kostenerstattung bei privater Krankenversicherung?
Wer privat versichert ist, bekommt bei jedem Arztbesuch eine Rechnung, die er bei seiner Krankenkasse einreichen kann. Je nach vereinbartem Versicherungsvertrag werden die Kosten dann voll oder anteilig erstattet. Man nennt dieses Vorgehen Kostenerstattungsprinzip.
Wer entscheidet, was die Krankenkassen bezahlen müssen?
Wenn man Arthrose hat und ein neues Hüftgelenk braucht, zahlt die Krankenkasse die Operation.
Wenn jedoch eine Frau beim Frauenarzt einen Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung machen lassen möchte oder ein Mann beim Urologen einen PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs, dann müssen sie diese Leistungen selbst bezahlen. Welche medizinischen Leistungen oder Behandlungen die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen müssen und welche nicht, das ist genau festgelegt. Welche Leistungen das sind, entscheiden alle Beteiligten des Gesundheitssystems in der Selbstverwaltung eigenverantwortlich und gemeinsam.
Das wichtigste Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Hier beraten verschiedene Organisationen darüber, welche Gesundheitsleistungen von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden müssen.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)
Der G-BA wird von den Organisationen gebildet, die am Gesundheitswesen beteiligt sind. Das sind die Leistungserbringer, wie Ärzte, Psychotherapeuten im ambulanten Bereich und Krankenhäuser als Versorger im stationären Bereich, die Krankenkassen als Kostenträger und die Patientenverbände.
Was macht der G-BA im Gesundheitswesen?
Der G-BA verfasst Richtlinien. Darin ist genau festgelegt, welche Behandlungen von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden müssen. Diese Richtlinien sind rechtlich bindend für alle Ärzte, Psychotherapeuten, Zahnärzte und Krankenhäuser.
Die Richtlinien werden in öffentlichen Sitzungen bestimmt. Dafür werden die Vor- und Nachteile einer medizinischen Leistung gegeneinander abgewogen. Folgende Kriterien sind dabei entscheidend:
- Die Leistung muss dem aktuellen Stand der medizinischen Forschung entsprechen.
- Die Leistung muss nachweislich dazu beitragen, eine bestimmte Krankheit zu heilen, Beschwerden zu lindern oder die Gesundheit zu erhalten.
- Die Leistung muss den Patienten ausreichend versorgen.
- Die Leistung soll das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
- Die Leistung muss in ausreichender Qualität erbracht werden können.
- Die Kosten der Leistung müssen angemessen sein.
Alle Leistungen, die diese Kriterien nicht erfüllen, müssen in der Regel nicht von den Krankenkassen bezahlt werden. Dies ist im Sozialgesetzbuch 5 festgelegt.