Inhaltsverzeichnis

Nicht alle Frauen schwelgen nach der Geburt eines Kindes im Mutterglück. Stattdessen können sich Niedergeschlagenheit, Erschöpfung und Traurigkeit einstellen. Diese können auf eine ernstzunehmende Erkrankung hinweisen: eine Wochenbettdepression. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form der Depression, die in den ersten Wochen und Monaten nach einer Schwangerschaft auftritt. Diese Zeit nennt man Wochenbett.

In der Fachsprache heißt die Erkrankung auch postpartale Depression, manchmal fälschlicherweise auch als „postnatale Depression“ bezeichnet.

Die Wochenbettdepression kann für die betroffenen Mütter mit Scham und Schuldgefühlen verbunden sein, weil sie z. B. glauben, keine gute Mutter zu sein und dem Kind nicht gerecht zu werden. Die Erkrankung ist aber keineswegs selbstverschuldet. Es gibt Möglichkeiten, diese Form der Depression zu behandeln.

Video als Text

Woran erkennt man eine Wochenbettdepression? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Bei einer Wochenbettdepression treten ähnliche Beschwerden wie bei einer normalen Depression auf. Die Erkrankten fühlen sich:

  • andauernd niedergeschlagen und traurig.
  • ängstlich, z. B. weil sie glauben, das Kind nicht gut versorgen zu können.
  • hoffnungslos.
  • überfordert und gereizt.

Die Anzeichen der Wochenbettdepression äußern sich von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Manche leiden unter starken Selbstzweifeln und grübeln viel. Andere haben Konzentrationsprobleme oder Schlafstörungen oder keinen Appetit mehr. Manchmal empfinden Erkrankte auch große Sorgen über die Gesundheit und Sicherheit des Kindes.

Unter Umständen können Menschen, die an Wochenbettdepression erkrankt sind, auch Zwangsgedanken entwickeln, dass sie ihrem Kind etwas antun. Solche Gedanken sind für die Erkrankten besonders erschreckend und beängstigend – denn in den meisten Fällen würden sie es nie tun.

Die Wochenbettdepression ist nicht immer leicht zu erkennen. Denn Schlaflosigkeit, Sorgen und Überforderung können auch bei psychisch gesunden Eltern auftreten, die sich in ihrer neuen Rolle zurechtfinden müssen.

Wie lange die Beschwerden anhalten, ist sehr unterschiedlich. Mit einer entsprechenden Behandlung gehen sie in den meisten Fällen nach wenigen Monaten zurück. Es kann aber auch vorkommen, dass die Beschwerden länger bestehen bleiben oder chronisch werden. Eine Wochenbettdepression kann auch bei einer erneuten Schwangerschaft zurückkehren.

Wie häufig treten Wochenbettdepressionen auf? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Wochenbettdepressionen zählen zu den häufigsten Komplikationen nach der Geburt eines Kindes. Es liegen in Deutschland keine aktuellen verlässlichen Zahlen dazu vor. Schätzungsweise acht Prozent, also 8 von je 100 Frauen ohne depressive Vorerkrankungen, bekommen nach der Geburt eine Wochenbettdepression. Dies ist das Ergebnis der Auswertung verschiedener Studien, die die Häufigkeit der Wochenbettdepression in der europäischen Bevölkerung untersucht haben.

Einordnung der Studienergebnisse

Welche Folgen kann Wochenbettdepression haben? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Eine Wochenbettdepression ist für die Erkrankten sehr belastend. Sie beeinflusst das Denken, Fühlen und Verhalten der Betroffenen. Deshalb kann es ihnen schwerfallen, die Anforderungen des Alltags zu bewältigen, wie etwa morgens aufzustehen, Essen zuzubereiten oder Körperpflege zu betreiben. Erkrankte berichten oft von Schuldgefühlen und Gedanken, nicht für das neugeborene Kind sorgen zu können. In besonders schwerwiegenden Fällen können Erkrankte auch Suizid-Gedanken haben.

Menschen mit Wochenbettdepression können Schwierigkeiten haben, eine Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen. Der Umgang mit dem Neugeborenen bringt ihnen keine Freude. Je nach Schwere der Erkrankung fällt es den Betroffenen auch schwer, sich mit dem Kind zu beschäftigen oder gar elterliche Aufgaben zu erfüllen, also etwa die kinderärztlichen Entwicklungsuntersuchungen (U-Untersuchungen) wahrzunehmen oder die Kinder beim Einschlafen zu begleiten. Die Wochenbettdepression hat zudem auch Einfluss auf die Beziehung zum Partner und das gesamte Familienleben.

Kann Wochenbettdepression auch Folgen für das Kind haben? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Untersuchungen haben gezeigt, dass Mütter mit Wochenbettdepression durchaus in der Lage sind, sich gut um ihr Kind zu kümmern.

Insbesondere bei schwerer Wochenbettdepression haben manche Mütter aber Probleme, die Bedürfnisse ihres Kindes zu erkennen und darauf zu reagieren. Dadurch können Kinder reizbar werden und Schwierigkeiten beim Trinken oder Schlafen entwickeln. Auf lange Sicht kann dies die Entwicklung beeinflussen, wenn die erkrankte Mutter keine Hilfe bekommt.

Daher ist es wichtig, dass Anzeichen von Wochenbettdepression ernst genommen werden und Erkrankte schnellstmöglich Unterstützung erhalten. So können auch der Partner, die Partnerin, Familienangehörige und Freunde Aufgaben in der Kinderbetreuung übernehmen.

Ursachen und Risikofaktoren

Wie entsteht eine Wochenbettdepression? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Was genau Wochenbettdepressionen auslöst, ist nicht eindeutig geklärt. Man geht davon aus, dass es eher nicht die eine Ursache gibt. Vielmehr tragen verschiedene Umstände zur Entstehung der Erkrankung bei. Darunter fallen z. B. hormonelle Veränderungen durch die Schwangerschaft und die Geburt oder genetische Ursachen. Aber auch äußere Umstände und das Lebensumfeld der Erkrankten können einen Einfluss ausüben.

Darüber hinaus gibt es einige Umstände, die die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Wochenbettdepression erhöhen. Solche Umstände werden Risikofaktoren genannt. 

Bekannte Risikofaktoren sind u.a.:

  • fehlende Unterstützung durch Angehörige
  • häusliche Gewalt 
  • körperlicher oder seelischer Missbrauch 
  • bereits bestehende vorhergehende Depression sowie Depression oder Angststörungen in der Schwangerschaft
  • belastende Lebensereignisse, wie Konflikte in der Partnerschaft oder Migration

Diagnostik

Wie kann eine Wochenbettdepression festgestellt werden? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Bei Verdacht auf Wochenbettdepression kann ein Arzt, eine Ärztin die erste Anlaufstelle sein. Auch Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen können feststellen, ob eine Wochenbettdepression vorliegt oder nicht. Dazu wird die Patientin in einem ausführlichen Gespräch nach dem Auftreten möglicher Symptome befragt. Mithilfe von weiteren Untersuchungen lässt sich ausschließen, dass die Beschwerden durch andere Erkrankungen verursacht werden.

Ein wichtiger Teil der Untersuchung ist ein Fragebogen, der speziell für Frauen mit Verdacht auf Wochenbettdepression entwickelt wurde. Er enthält Aussagen über das Befinden in den vorangegangenen sieben Tagen ‒ wie zum Beispiel die Aussage: „Ich war ängstlich oder besorgt ohne Grund.“ Zu jeder Aussage soll die Patientin eine Einschätzung geben, wie sehr oder wie häufig sie zutrifft. Der Arzt, die Ärztin kann aus den Antworten folgern, ob eine Wochenbettdepression vorliegt und wie schwer die Erkrankung ist.

An wen kann man sich wenden? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

In der Regel kümmern sich Hebammen und Frauenärzte nach der Geburt um die Nachsorge. Sie können eine erste Anlaufstelle sein, wenn in der Zeit nach der Geburt Probleme auftreten. Aber auch Kinderärzte und -ärztinnen sowie Hausärzte können mögliche Ansprechpartner bei Verdacht auf Wochenbettdepression sein. Um die Erkrankung frühzeitig zu erkennen, fragen die Fachleute verschiedene Anzeichen ab.

In der Zeit kurz nach der Geburt werden Frauen in der Regel von Hebammen betreut. Im Wochenbett stehen gesetzlich versicherten Frauen in den ersten zehn Tagen nach der Geburt bis zu 20 Besuche durch die Hebamme zu. Danach können noch weitere 16 Besuche der Hebamme bis zur zwölften Woche nach der Geburt erfolgen. Auf ärztliche Anordnung ist es möglich, die Hebammenhilfe noch zu erweitern, z. B. wenn die Mutter psychisch sehr belastet ist. Bei privat versicherten Frauen hängt der Umfang der Betreuung von der jeweiligen Versicherungspolice ab.

Zusätzlich besteht in einigen Regionen in Deutschland die Möglichkeit, bei besonders belastenden Umständen in der Familie (z. B. bei einer psychischen Erkrankung der Eltern) im ersten Jahr nach der Geburt die Unterstützung einer Familienhebamme zu bekommen. Das Betreuungsangebot kann über das Gesundheitsamt oder Jugendamt, aber auch über die betreuende Hebamme, die Frauenärztin oder den Frauenarzt vermittelt werden.

Quellen Hinweis: Diese Gesundheitsinformationen können das Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt nicht ersetzen. Interessenkonflikte
Schlagwörter