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Mit einem Glas Sekt anstoßen, eine Flasche Bier zum Feierabend öffnen, einen Schnaps trinken, um die Verdauung zu fördern – manchmal wird einem erst im Rückblick bewusst, wie viel und wie häufig man Alkohol trinkt. Manch einer stellt sich dann vielleicht die Frage, ob das schon problematisch ist. Sie zu beantworten ist nicht immer leicht.  

„Problematischer Alkoholkonsum“ ist kein medizinisch eindeutig festgelegter Begriff. Es gibt aber Anhaltspunkte, die auf einen problematischen Umgang mit Alkohol hinweisen können.

Wann kann sich das Risiko negativer Folgen erhöhen? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Riskanter Konsum 
Auch in kleinen Mengen ist der Konsum von Alkohol nicht völlig risikofrei. Als riskanter Alkoholkonsum wird eine Trinkmenge bezeichnet, die das Risiko von schädlichen Folgen für die körperliche und psychische Gesundheit erhöht. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) legte Grenzwerte für den Alkoholkonsum fest, die aber nur zur groben Orientierung dienen können. Ein riskanter Alkoholkonsum liegt demnach vor, wenn 

  • Frauen täglich mehr als 12 Gramm reinen Alkohol trinken,
  • Männer täglich mehr als 24 Gramm reinen Alkohol trinken.

Alkoholmenge verschiedener Getränke als PDF

Die alkoholbezogenen Grenzwerte gelten nur für gesunde Erwachsene. Sie beziehen sich nicht auf schwangere Frauen oder Menschen mit einer Erkrankung. Außerdem wird empfohlen, an nicht mehr als fünf Tagen pro Woche Alkohol zu trinken, damit man sich nicht daran gewöhnt. 

Rauschtrinken oder Binge Drinking
Rauschtrinken oder auch „Binge Drinking“ bedeutet, dass man mindestens einmal im Monat 60 Gramm oder mehr reinen Alkohol zu einer Trinkgelegenheit konsumiert. Das sind z. B. drei Flaschen Bier à 0,5 Liter oder etwas mehr als drei normalgroße Gläser Wein à 0,2 Liter.

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Wann spricht man von schädlichem Konsum? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Sind bereits negative Folgen durch das Trinken von Alkohol eingetreten, gilt dies aus medizinischer Sicht als „schädlicher Konsum“. Damit ist nicht gemeint, dass man einmalig nach einer Feier einen „Kater“ hatte. Schädlicher Konsum bedeutet, dass es mindestens einen Monat lang oder wiederholt in den vergangenen 12 Monaten zu negativen körperlichen, psychischen oder sozialen Folgen kam. Dazu zählen etwa ein eingeschränktes Urteilsvermögen, beispielsweise im Straßenverkehr, oder eine Veränderung des Verhaltens. Das kann zu Schwierigkeiten auch in zwischenmenschlichen Beziehungen führen.

Im Gegensatz zur Alkoholabhängigkeit besteht beim schädlichen Alkoholkonsum (noch) kein übermächtiger Wunsch oder Zwang, Alkohol zu konsumieren. Der Übergang vom schädlichen zum abhängigen Alkoholkonsum ist allerdings fließend.

Wie verbreitet sind problematische Konsummuster? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Eine Befragung aus dem Jahr 2018 ermittelte den Alkoholkonsum der deutschen Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren. Da problematischer Konsum kein eindeutig festgelegter Begriff ist, können die folgenden Daten nur Hinweise auf die Verbreitung geben. Demnach wiesen 18,1 Prozent der Befragten, die in den letzten 30 Tagen Alkohol getrunken hatten, einen riskanten Alkoholkonsum auf. Das entspricht 6,7 Millionen Menschen. Konkret galt dies für 19,7 Prozent der Frauen und 16,7 Prozent der Männer.

34,5 Prozent der Befragten, die in den vorangegangenen 30 Tagen Alkohol getrunken hatten, berichteten, dass sie in dem Zeitraum mindestens eine Episode des Rauschtrinkens hatten. Das entspricht etwa 12,7 Millionen Menschen. Mit episodischem Rauschtrinken ist hier gemeint, dass an mindestens einem der letzten 30 Tage fünf oder mehr alkoholische Getränke konsumiert wurden. Die Häufigkeit für das episodische Rauschtrinken lag bei Männern mit 42,8 Prozent höher als bei den Frauen mit 24,6 Prozent. 

Es liegen keine Daten darüber vor, wie verbreitet schädlicher Konsum in Deutschland ist. Allerdings gibt es Informationen dazu, wie hoch der missbräuchliche Alkoholkonsum ist. Mit diesen Daten kann man zumindest grob einschätzen, wie viele Menschen in Deutschland Alkohol in schädlicher Weise konsumieren. Laut der genannten Studie zeigten 2018 4,0 Prozent der Männer und 1,5 Prozent der Frauen im Alter von 18 bis 64 Jahren einen missbräuchlichen Alkoholkonsum. Insgesamt sind das 2,8 Prozent der Deutschen in der Altersklasse.

Wie verbreitet riskanter Alkoholkonsum, episodisches Rauschtrinken und missbräuchlicher Konsum in Deutschland sind, haben wir in der folgenden Bildergalerie auch grafisch aufbereitet:
  • Verbreitung riskanter Alkoholkonsum in Deutschland
  • Verbreitung des episodischen Rauschtrinkens in Deutschland
  • Verbreitung missbräuchlicher Alkoholkonsum in Deutschland

Verbreitung problematischer Konsummuster als PDF

Was gibt Hinweise auf einen problematischen Alkoholkonsum? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Ein problematisches Trinkverhalten kann sich unterschiedlich äußern. Bei manchen ist es – zumindest aktuell – noch nicht sehr schwerwiegend, bei anderen können schon Folgeschäden bestehen, wie beispielsweise beim schädlichen Alkoholkonsum. 
Bei der Einschätzung, ob ein problematischer Alkoholkonsum vorliegt, spielt u. a. die Trinkmenge eine Rolle: 

  • Trinken Sie regelmäßig und nicht nur gelegentlich deutlich über dem Schwellenwert für riskanten Konsum?
  • Trinken Sie öfter als einmal im Monat Alkoholmengen, die über dem Schwellenwert für das Rauschtrinken liegen? Verlieren Sie dabei die Kontrolle über die Menge, die Sie trinken?

Neben der Trinkmenge können auch die Gründe für den Alkoholkonsum Hinweise auf ein problematisches Trinkverhalten geben. Hier kann man sich fragen: Trinkt man nicht vorrangig aus Genuss, sondern

  • um Sorgen und Probleme zu verdrängen oder
  • um mit Stress fertigzuwerden?

Problematisch kann das Trinkverhalten auch sein, wenn wiederholt negative Auswirkungen des Alkoholkonsums auftreten, etwa:

  • Schwierigkeiten, Streit und Probleme in Partnerschaft oder Familie, in Freundschaften oder mit Arbeitskolleginnen und -kollegen aufgrund der Trinkgewohnheiten
  • Eingeschränkte Leistungsfähigkeit oder Vernachlässigung wichtiger Aufgaben, was zu Problemen im Beruf führen kann 
  • Verletzungen oder Unfälle aufgrund des Alkoholkonsums, zum Beispiel mit dem Auto 
  • Körperliche Schäden durch Alkoholkonsum wie zum Beispiel eine Leberzirrhose 

Weitere mögliche Anhaltspunkte für einen problematischen Alkoholkonsum bei wiederholtem Auftreten liegen dann vor,

  • wenn man ein schlechtes Gewissen oder Schuldgefühle aufgrund seiner Trinkgewohnheiten hat,
  • wenn man sich an Situationen nicht erinnern kann, weil man zu viel getrunken hat, 
  • wenn man morgens Alkohol braucht, um in Gang zu kommen oder
  • wenn nahestehende Menschen Sorgen über den Alkoholkonsum äußern. 

Alkoholkonsum während der Schwangerschaft ist immer problematisch, weil Alkohol nicht nur der schwangeren Frau, sondern auch dem ungeborenen Kind schaden kann.

Weitere Hinweise, woran man problematischen Alkoholkonsum erkennen kann, gibt Thomas Haustein, Sozialarbeiter und Suchtberater beim Caritasverband Berlin e.V. im Film:

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Alle genannten Anhaltspunkte sind lediglich Hinweise darauf, dass ein problematischer Alkoholkonsum vorliegen kann. Dies muss nicht der Fall sein. Gleichzeitig gilt: Auch wenn keines dieser Beispiele zutrifft, kann das Trinkverhalten problematisch sein.

Unterstützung bei Alkoholproblemen

Was ist das Ziel, wenn ich mir Unterstützung suche? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Zunächst wird abgeklärt, ob der Alkoholkonsum wirklich problematisch ist und ob schon negative Folgen vorliegen. Dazu können auch Fragebögen wie zum Beispiel der Alcohol Use Disorder Identification Test (AUDIT) herangezogen werden. Liegt ein problematischer Konsum vor, werden gemeinsam Ziele entwickelt, die sich je nach den persönlichen Gegebenheiten unterscheiden.

Was erwartet mich beim Arzt? Was passiert in der Beratungsstelle?

Warum es aus Sicht des Experten Thomas Haustein sinnvoll sein kann, eine Beratungsstelle aufzusuchen, auch wenn man nicht alkoholabhängig ist: 

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Online-Selbsthilfe

Was sind Online-Selbsthilfeprogramme? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Frau am Laptop Onlineprogramme
im Dialogfenster öffnen

Eine erste Möglichkeit, etwas zu verändern, bieten auch Online-Selbsthilfeprogramme. Sie können beispielsweise per E-Mail, SMS, Chat oder telefonisch von Psychologen und Psychologinnen begleitet werden. Oder sie sind so gestaltet, dass eine professionelle Begleitung vollständig entfällt. Online-Selbsthilfeprogramme basieren auf psychologischen Therapieansätzen, in der Regel der kognitiven Verhaltenstherapie und möglicherweise weiteren psychotherapeutischen Methoden.

In Deutschland sind verschiedene Online-Selbsthilfeprogramme verfügbar, die zum Ziel haben, den Konsum zu reduzieren oder gar keinen Alkohol mehr zu trinken.

Studiendaten zur Wirksamkeit von vollständig unbegleiteten Selbsthilfeprogrammen, welche also ohne vorherigen Kontakt zu Ärzten und Ärztinnen niedrigschwellig genutzt werden können, liegen aktuell (Stand August 2020) für das Programm „Online Selbsthilfe Alkohol“ der AOK Nord-Ost und der salus kliniken vor.

Wie arbeitet das Programm „Online Selbsthilfe Alkohol“? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Das Online-Selbsthilfeprogramm der AOK Nord-Ost und der salus kliniken richtet sich an Menschen, die ihren Alkoholkonsum verringern oder vollständig auf Alkohol verzichten wollen. Es handelt sich dabei um ein eigenständiges, internetbasiertes, nichttherapeutisches, vollautomatisiertes und selbstgesteuertes Behandlungsprogramm, welches auf unterschiedlichen Endgeräten (Mobiltelefon, Tablet, Computer) verfügbar ist. Die Informationen liegen als Texte vor. Rückmeldungen erfolgen in Form von interaktiven Tabellen und Grafiken. 

Das Programm besteht aus vier Pfeilern: 

  • Einen Überblick über den eigenen Alkoholkonsum gewinnen, sich Ziele setzen und riskante Situationen identifizieren
  • Rückmeldungen zum Alkoholkonsum beziehungsweise zu konsumbezogenen Verhaltensweisen bekommen 
  • Wissen und Fähigkeiten erwerben, um z. B. mit Gruppendruck oder dem starken Wunsch, Alkohol zu trinken, umzugehen 
  • Soziale Unterstützung durch ein Forum erhalten

Die Teilnehmenden können jederzeit auf das Selbsthilfeprogramm zugreifen. Es wird empfohlen, das Programm täglich zu nutzen. Die Laufzeit beträgt sechs Wochen, die Teilnahme ist anonym und kostenlos. 

Welche weiteren digitalen Angebote gibt es? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Es steht in Deutschland auch eine App zur Verfügung, die dabei unterstützen soll, den Alkoholkonsum zu reduzieren und den Umgang mit gesundheitsschädlichen Trinkverhalten zu verbessern. Sie ist durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zertifiziert und in ihr Verzeichnis für Digitale Gesundheitsanwendungen (kurz: DiGA) „dauerhaft aufgenommen“. Voraussetzung dafür ist, dass die Wirksamkeit in einer randomisiert-kontrollierten Studie (RCT) nachgewiesen wurde. 

Die App mit dem Namen „vorvida“ ist verschreibungsfähig. Die Kosten werden in diesem Fall von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Das Programm richtet sich an Menschen mit schädlichem (und abhängigem) Alkoholkonsum. Es dient als Ergänzung einer Behandlung zum Beispiel beim Haus- oder Facharzt und wird in Eigenanwendung genutzt. Inhaltlich basiert das Programm auf psychotherapeutischen Ansätzen und Verfahren, v.a. der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT). Ziel ist unter anderem die Verringerung der Trinkmenge. In vier Modulen mit verschiedenen Übungen wird u.a. erarbeitet, wie man mit Stress oder nicht-hilfreichen Gedanken besser umgehen kann.  

Weitere Maßnahmen

Was kann ich noch tun? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

In manchen Regionen werden Gruppenprogramme für „kontrolliertes Trinken“ angeboten. Deren Ziel ist es, die Kontrolle über den Alkoholkonsum zurückzugewinnen. Sie können beispielsweise dazu anleiten, ein Trinktagebuch zu führen, sich selbst zu beobachten und zu lernen, wie man am besten mit Risikosituationen, Belastungen und möglichen Rückschlägen umgeht. Suchtberatungsstellen wissen, in welchen Regionen entsprechende Angebote bestehen.

Unter Umständen kommt auch eine Psychotherapie in Frage.

Quellen Hinweis: Diese Gesundheitsinformationen können das Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin nicht ersetzen. Interessenkonflikte