Erstellt im April 2024, nächste geplante Überarbeitung: April 2029

Autoren: Nastasia Heilemann, Michael Mibs, Lisa-Marie Ströhlein

Wissenschaftliche Beratung: Dr. med. Dagmar Lühmann, Prof. Dr. med. Martin Scherer

 

Vorhofflimmern ist eine Erkrankung, bei der der natürliche Herzschlag gestört ist. Es gibt verschiedene Formen von Vorhofflimmern, die unterschiedlich behandelt werden. In diesem Studiencheck geht es um anfallsartiges Vorhofflimmern mit Beschwerden. Das heißt, bei diesen Patientinnen und Patienten tritt das Vorhofflimmern anfallsartig, also immer mal wieder, auf.

Für Menschen, die unter Vorhofflimmern mit Beschwerden leiden, kommen unter bestimmten Voraussetzungen zwei Behandlungen in Betracht: Medikamente oder eine ein chirurgischer Eingriff: eine Vorhof-Ablation.

Medikamente, die den Herzschlag kontrollieren, heißen Antiarrythmika. Sie beeinflussen die Aktivität des Herzmuskels.

Bei der Vorhof-Ablation werden bestimmte Bereiche des Herzmuskels in einem operativen Eingriff verödet. Dabei führt der Arzt, die Ärztin einen dünnen Schlauch in das Herz ein – einen Herzkatheter. Mit diesem Katheter vernarbt der Arzt oder die Ärztin einen Teil des Gewebes durch Hitze. Dadurch kann es keine Flimmerwellen mehr weiterleiten. Die Vorhof-Ablation mit dem Herzkatheter wird auch Katheter-Ablation genannt.

In diesem Studiencheck geht es um die Katheter-Ablation nach einer erfolglosen Erstbehandlung mit Medikamenten. Das heißt, die Patienten und Patientinnen wurden bereits mit Medikamenten behandelt.

Wie wirksam und sicher ist eine Katheter-Ablation im Vergleich zu einer optimierten Behandlung mit Antiarrhythmika? Wir haben uns die Studienlage dazu angeschaut. Wir fassen die Ergebnisse aus einer randomisiert-kontrollierten Studie (RCT) zusammen.

Was wurde untersucht?

Nutzen und Schaden der Katheter-Ablation im Vergleich zu Antiarrhythmika wurden in der sogenannten CAPTAF-Studie (Blomström-Lundqvist 2019) untersucht. An dieser Studien nahmen Menschen teil, die Beschwerden durch anfallsartiges Vorhofflimmern hatten. Sie alle wurden bereits erfolglos mit Medikamenten behandelt.

Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt:

  • Bei den Teilnehmenden der ersten Gruppe wurde mithilfe eine Katheter-Ablation Herzgewebe verödet. Sie nahmen keine Medikamente mehr.
  • Bei den Teilnehmenden der zweiten Gruppe wurde die Behandlung mit Medikamenten zur Rhythmuskontrolle optimiert.

Die Ergebnisse im Einzelnen

Verbessert die Katheter-Ablation die Lebensqualität? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Die Ergebnisse der CAPTAF-Studie deuten an, dass die Katheter-Ablation die Lebensqualität von Menschen mit Vorhofflimmern verbessert. Die Lebensqualität wurde 12 Monate nach der Behandlung erhoben und mit der Lebensqualität von Menschen verglichen, die eine optimierte Behandlung mit Medikamenten bekamen. Das Vertrauen in diese Ergebnisse ist jedoch eingeschränkt. Die Ergebnisse sind mit hoher Wahrscheinlichkeit verzerrt.

Verbesserten sich die Beschwerden des Vorhofflimmerns? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Den Teilnehmenden wurde ein Herzmonitor eingesetzt. Über diesen konnte der Herzschlag der Teilnehmenden überwacht werden. Die Überwachung dauerte ein Jahr ab der Katheter-Ablation bzw. der Umstellung der Medikation.

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen maßen, wie lange die Flimmer-Anfälle bei den Teilnehmenden dauerten. Die Gesamtdauer der Anfälle wurde als Belastungszeit bezeichnet. Diese wurde ins Verhältnis zur belastungsfreien Zeit gesetzt. In beiden Gruppen nahm die Belastungszeit ab.

In der Ablationsgruppe betrug der Anteil der Belastungszeit an der gesamten Beobachtungszeit in den ersten drei Monaten der Überwachung 24,9 Prozent und in den letzten drei Monaten der Überwachung 5,5 Prozent.

In der Medikamentengruppe betrug der Anteil der Belastungszeit an der gesamten Beobachtungszeit in den ersten drei Monaten der Überwachung 23,3 Prozent und in den letzten drei Monaten der Überwachung 11,5 Prozent.

Nur ein kleiner Anteil der Behandelten hatte nach der Behandlung gar kein Vorhofflimmern mehr. In der Katheter-Gruppe waren es 19 von 75 Teilnehmenden (25,3 Prozent) und in der Medikamenten-Gruppe waren es 22 von 74 Personen (29,7 Prozent). Die Zahlen unterscheiden sich zwar leicht, aber eine statistische Analyse zeigt, dass keine der Behandlungen tatsächlich besser darin ist, das Vorhofflimmern ganz zu verhindern.

Welche Komplikationen traten durch die Behandlung auf? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Als Komplikationen bezeichnet man alle Probleme oder Folgeschäden, die durch eine Erkrankung oder Behandlung auftreten können.

In beiden Gruppen traten nach der Behandlung Komplikationen auf. Bei der Katheter-Ablation traten bei 12,7 Prozent der Eingriffe Komplikationen auf. Bei 5,1 Prozent der Eingriffe traten Komplikationen am Herzen auf. 

Bei den Medikamenten traten bei 11,8 Prozent der Behandlungen Komplikationen auf. Diese betrafen alle das Herz.

Einschränkungen

An der CAPTAF-Studie nahmen weniger Männer als Frauen teil. Die Forschenden konnten für Deutschland zeigen, dass mehr Männer als Frauen an VHF erkranken und das VHF mit zunehmenden Alter häufiger auftritt. Die Teilnehmenden der CAPTAF-Studie waren vergleichsweise jung (Durchschnitt ca. 56 Jahre). Außerdem wurden viele Personengruppen von der Studie ausgeschlossen, darunter z. B. ältere Menschen oder Menschen mit schweren Herzerkrankungen).

In die CAPTAF-Studie wurden sowohl Menschen mit anfallsartigem als auch dauerhaftem Vorhofflimmern eingeschlossen. Allerdings stellt der Anteil an Personen mit anfallsartigem Vorhofflimmern mit mehr als 70 Prozent den größeren Anteil dar.

Die methodische Beurteilung der Studie kommt zu einem hohen Verzerrungsrisiko der Ergebnisse. Dies schränkt das Vertrauen in das Ergebnis ein. Weitere Forschung könnte zu anderen oder genaueren Ergebnissen kommen.

Weitere Informationen zur Studie

Es wurden insgesamt 155 Menschen mit anfallartigen oder dauerhaftem Vorhofflimmern in die CAPTAF-Studie eingeschlossen, 120 Männer und 35 Frauen. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden betrug 56 Jahre. Die Studie fand in 5 Zentren in Schweden und Finnland statt.

Weitere Ergebnisse aus der Studie

In dieser randomisiert-kontrollieren multinationalen Studie wurde untersucht, ob eine Katheter-Ablation im Vergleich zu Medikamenten wirksamer ist und wie sich die Behandlung auf die Lebensqualität auswirkt.

An der Studie nahmen Menschen mit verschiedenen Arten von Vorhofflimmern teil. Bei manchen war das Vorhofflimmern unbehandelt, bei anderen nicht ausreichend behandelt. Bei einigen trat das Vorhofflimmern anfallsartig auf, bei anderen handelte es sich um ein anhaltendes Vorhofflimmern.

Alle Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt eine Katheter-Ablation, die andere wurde mit Medikamenten behandelt. In der Untersuchungsgruppe, die eine Katheterablation als Behandlung erhielten, hatten ungefähr 50 von 100 Personen im Beobachtungszeitraum erneutes Vorhofflimmern. In der Medikamentengruppe waren es ungefähr 70 von 100 Personen.

Bei beiden Behandlungen traten unerwünschte Wirkungen auf. Das Risiko für schwere Schlaganfälle, schwerwiegende Blutungen, Herzstillstand oder Tod war im Studienzeitraum in beiden Behandlungsgruppen gleich hoch.

Diese Studie untersuchte auch die Lebensqualität der Teilnehmenden. Die Teilnehmenden mit Katheterablation stuften ihre Lebensqualität nach 12 Monaten höher ein als die Teilnehmenden der Medikamentengruppe.

Das Vertrauen in diese Studienergebnisse ist eingeschränkt. Es besteht ein erhöhtes bzw. hohes Risiko, dass die Ergebnisse möglicherweise von ihrem tatsächlichen Wert abweichen können. Gründe für diese Einschätzungen liegen u.a. in der Art der Datenerhebung oder auch in dem Verhältnis von fehlenden Daten und dem Auftreten der untersuchten Ereignisse.

Mehr über die Studie Quellen