Studiencheck

Eine Wochenbettdepression ist eine psychische Erkrankung, die bei Müttern innerhalb der ersten zwölf Monate nach der Geburt auftreten kann. Betroffene Mütter fühlen sich niedergeschlagen, antriebslos und verlieren das Interesse an ihrer Umgebung.

Für die Behandlung einer Wochenbettdepression stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, wie eine Psychotherapie oder eine Behandlung mit Medikamenten, sogenannten Antidepressiva. 

Die Behandlung mit Antidepressiva geht auf die Theorie zurück, dass es bei der Depression zu einem Ungleichgewicht bestimmter Botenstoffe im Gehirn kommt. Mittels der Medikamente versucht man dieses Gleichgewicht wieder herzustellen und so die Beschwerden zu lindern.

Es gibt verschiedene Wirkstoff-Klassen dieser Medikamente. Am häufigsten werden bei Wochenbettdepression Medikamente aus der Klasse der Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, kurz SSRI genannt, verordnet. Innerhalb dieser Wirkstoffklasse gibt es wiederum verschiedene Wirkstoffe, wie etwa Sertralin oder Citalopram.

Wie wirksam sind Antidepressiva bei der Behandlung einer Wochenbettdepression? Wir haben uns die Studienlage bei Frauen mit einer Wochenbettdepression angeschaut. 

Weitere Informationen zu der Behandlung mit Antidepressiva finden Sie in unserer Gesundheitsinformation Wochenbettdepression.

Einzelheiten aus den Studien

Was wurde untersucht? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Eine systematische Übersichtsarbeit untersuchte, wie wirksam Antidepressiva bei Frauen mit einer Wochenbettdepression sind. Dabei wurden Ergebnisse mehrerer randomisiert-kontrollierter Studien zusammenfasst.

An den einzelnen Studien nahmen Frauen mit einer Wochenbettdepression teil, die innerhalb der letzten sechs Monate eine Geburt hatten. Die Frauen waren zwischen 25 und 30 Jahren alt. Sie wurden zufällig in zwei Gruppen eingeteilt.

  • Eine Gruppe erhielt Antidepressiva mit den Wirkstoffen Fluoxetin, Sertralin oder Paroxetin aus der Wirkstoffklasse der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). 
  • Die zweite Gruppe erhielt ein Medikament ohne Wirkstoff (Placebo).

Es wurde u. a. untersucht, wie viele Frauen sich nach der Einnahme des Medikaments oder des Placebos von der Wochenbettdepression erholten.

Hinweis: In den Studien wurden nur Antidepressiva mit den Wirkstoffen Fluoxetin, Sertralin oder Paroxetin untersucht. Zu anderen Medikamenten können wir anhand der folgenden Ergebnisse keine Aussagen treffen.

Wie wirksam sind Antidepressiva bei Wochenbettdepression? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Die Übersichtsarbeit untersuchte zu dieser Frage vier Studien mit insgesamt 205 Teilnehmerinnen. Es wurde geschaut, ob sich die Beschwerden durch Antidepressiva besserten oder ob sich die Frauen vollständig von der Wochenbettdepression erholten.

Es gibt leichte Hinweise, dass die Behandlung mit Antidepressiva (SSRI) im Vergleich zu Placebo, die Beschwerden der Depression etwas bessern kann. Nach SSRI-Einnahme erholten sich auch mehr Frauen von der Wochenbettdepression als Frauen, die das Placebo einnahmen. 

Die Aussagekraft dieser Studienergebnisse ist jedoch eingeschränkt. Die Studien weisen methodische Mängel auf. Viele Teilnehmerinnen brachen die Studienteilnahme vorzeitig ab. In einer Studie beendeten mehr als die Hälfte der Frauen vorzeitig die Studie. Es schränkt die Verlässlichkeit einer Studie ein, wenn viele Testpersonen die Teilnahme vorzeitig abbrechen. Die Wirksamkeit der untersuchten Antidepressiva wurde nur für einen kurzen Zeitraum von maximal acht Wochen beobachtet.

In zwei von vier Studien erhielten die Teilnehmerinnen in beiden Gruppen zusätzlich eine weitere Behandlung, wie z. B. eine Psychotherapie. 

Das Vertrauen in die Ergebnisse ist gering. Daher bleibt unklar, inwiefern Frauen mit Wochenbettdepression von Antidepressiva profitieren.

Welche Nebenwirkungen können Antidepressiva haben? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

In sechs Studien mit insgesamt 482 Teilnehmerinnen wurden auch die möglichen Nebenwirkungen von Antidepressiva der Klasse SSRI berichtet. Sowohl in der SSRI- als auch in der Placebogruppe berichteten die Teilnehmerinnen über Beschwerden wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Appetitminderung, Benommenheit, Durchfall oder trockener Mund. Aus den Studien lässt sich nicht ableiten, ob die Nebenwirkungen unter SSRI häufiger vorkamen als unter Placebo. Es ist also unklar, ob es sich wirklich um Nebenwirkungen des Medikaments handelt.

Die eingeschlossenen Studien berichteten die Nebenwirkungen nicht einheitlich. Oft ist auch unklar, ob die Angaben zu den Nebenwirkungen vollständig sind. Die Studien haben zudem methodische Mängel. Das Vertrauen in die Ergebnisse ist daher gering.

Wichtige Zusatzinformationen

In den Studien wurde NICHT untersucht, inwiefern sich die Einnahme von Antidepressiva aus der Klasse der SSRI auswirkt auf:

  • die Gesundheit und Entwicklung des Kindes
  • das Stillen
  • die mütterliche Beziehung zum Kind
  • die familiären Beziehungen
  • die Lebensqualität der Mütter.

Daher kann zu diesen Punkten keine Information bereitgestellt werden. 

Woher stammen diese Informationen? Quellen

Erstellt im März 2023; nächste geplante Aktualisierung: März 2026
Wissenschaftliche Beratung: Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch