Berlin, 03.09.2021 - Fehler passieren uns allen. Doch wenn Ärzte oder Ärztinnen Fehler machen, kann das mitunter gravierende Folgen haben. Der Gesetzgeber hat deshalb einen rechtlichen Rahmen für das Vorgehen bei einem Verdacht auf Behandlungsfehler gegeben. Wir erklären, was Sie in einem ersten Schritt selbst tun können und an wen Sie sich wenden können.

Wenn im medizinischen Bereich Fehler passieren, kann das Diagnose genauso wie eine Behandlung betreffen. Ob ein Behandlungsfehler vorliegt oder nicht, ist oft sehr schwierig zu beurteilen. Denn medizinische Sachverhalte und Behandlungen sind sehr komplex und häufig schwer zu verstehen. Sollten Sie einen Behandlungsfehler vermuten, gibt es verschiedene Möglichkeiten vorzugehen.

  • Sind für den Arzt Umstände erkennbar, die die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen, hat er den Patienten über diese auf Nachfrage oder zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren zu informieren. Vermuten Sie einen Behandlungsfehler, sprechen Sie offen mit der verantwortlichen Ärztin oder dem verantwortlichen Arzt darüber. Unbegründete Zweifel können sich so ausräumen lassen. 
  • Ihre Krankenkasse ist ein wichtiger Ansprechpartner bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler. Sie ist verpflichtet, ihre Mitglieder bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zu unterstützen. So können Sie beispielsweise kostenlos ein Sachverständigengutachten des Medizinischen Dienstes einholen. Dieser prüft, ob tatsächlich ein Fehler vorliegt. 
  • Hilfe bekommen Sie auch von der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) sowie von Verbraucherzentralen und Selbsthilfeorganisationen. 
  • Die Ärzteschaft selbst hat Einrichtungen gegründet, die Patentinnen und Patienten bei der Klärung eines Behandlungsfehlerverdachts unterstützen. Diese Gutachterkommissionen oder Schlichtungsstellen sind meistens bei der jeweils zuständigen Landesärztekammer oder der Landeszahnärztekammer eingerichtet. 

Klarheit über die Abläufe verschaffen Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Verschaffen Sie sich in einem ersten Schritt Klarheit über die Abläufe. Diese müssen von der Praxis bzw. vom Krankenhaus vollständig und nachvollziehbar dokumentiert und in einer Patientenakte festgehalten werden. Ärzte sind verpflichtet, alle medizinischen Aspekte, wie die Krankengeschichte, Diagnosen, Untersuchungen und deren Ergebnisse, medikamentöse Therapien und ihre Wirkungen zu erfassen. Auch Eingriffe, Aufklärungen, Einwilligungen sowie Arztbriefe sind aufzuführen.

Patientinnen und Patienten können ihre Akte jederzeit einsehen. Sollten Sie vermuten, dass bei Ihrer Behandlung Fehler gemacht wurden und Ihnen dadurch Nachteile entstanden sind, ist es hilfreich, die Dokumentation einsehen zu können. Manchmal lässt sich daraus bereits erkennen, ob gravierende Fehler gemacht wurden. Fordern Sie deshalb Kopien der Unterlagen an. Das kann zwar kostenpflichtig sein - ist aber unerlässlich, falls es tatsächlich zu einem Rechtsstreit kommt.

Den Rechtsweg beschreiten Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Wenn ein Schlichtungsverfahren zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis geführt hat, steht Ihnen der Rechtsweg offen – mit entsprechenden Forderungen auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld. In einem zivilrechtlichen Verfahren müssen Sie nachweisen, dass Sie durch das fahrlässige oder sorgfaltswidrige Verhalten der Ärztin oder des Arztes einen Gesundheitsschaden erlitten haben.

Es gibt speziell ausgebildete Fachanwälte für Medizinrecht oder Juristen mit entsprechendem Themenschwerpunkt, an die Sie sich wenden können. Ist das Verfahren erfolgreich, muss der verurteilte Arzt die Kosten des Verfahrens und auch die Anwaltskosten übernehmen. 

Wie häufig sind Behandlungsfehler? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Wie häufig Behandlungsfehler tatsächlich vorkommen, lässt sich schwer sagen – unter anderem, weil hierzu unterschiedliche Statistiken vorliegen. 2019 wurden knapp 11.000  Fälle vermuteter Behandlungsfehler von den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern bewertet. Einen tatsächlichen Behandlungsfehler fanden die Gutachter dabei in 1.871 Fällen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MDK) hat im selben Zeitraum rund 14.500 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt. In jedem vierten Fall wurde ein Fehler bestätigt. Die Dunkelziffer dürfte laut Experten jedoch weit höher ausfallen, weil viele Betroffene den großen Aufwand, den solche ein Begutachtungsverfahren mit sich bringen, scheuen oder gar nicht wissen, an wen sie sich überhaupt wenden können.

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