Berlin, 04.10.2021 – Die Bandbreite psychischer Störungen ist groß: Neben Depressionen zählen auch Angststörungen, Alkoholabhängigkeit oder Schlafstörungen dazu. Unabhängig von der Art der Erkrankung: An wen können sich Betroffene wenden, wenn sie aufgrund von psychischen Beschwerden Hilfe benötigen?
Die Anzeichen für psychische Erkrankungen können vielfältig sein. Depressionen beispielsweise gehen laut Robert Koch-Institut mit Beschwerden wie Traurigkeit, Schlafstörungen, innerer Unruhe, Gereiztheit, Energieverlust oder Appetitverlust einher. Betroffene fühlen sich so niedergeschlagen, dass sie sich aus diesem Tief nicht mit eigener Kraft befreien können. Bemerken Menschen Symptome dieser Art über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen, sollten sie Hilfe suchen. Der erste Schritt kann bereits sein, mit Menschen zu sprechen, die einem nahestehen.
Manche Menschen behalten psychische Probleme für sich. Doch es kann helfen, sich zu öffnen – gegenüber der Partnerin, dem Partner, einem Verwandten oder einer Freundin, einem Freund. Dadurch können sich Betroffene vom Gefühl lösen, allein mit der Krankheit zu sein. Hingegen können Ratschläge wie „nimm dich zusammen“ oder „geh auf Reise“ zwar gut gemeint sein, sie können die Situation der Betroffenen jedoch verharmlosen.
Wenn es um die Gesundheit geht – und auch um die Psyche – ist er eine der wichtigsten Anlaufstellen: der Hausarzt. Er kennt im Idealfall die Krankengeschichte und kann körperlich bedingte Erkrankungen ausschließen. In der Regel stellt der Hausarzt die Erstdiagnose und überweist den Patienten bei Bedarf an einen Psychiater oder Psychotherapeuten. Je nach Einzelfall ist auch eine Überweisung in eine psychiatrische Klinik möglich.
Nach der Erstdiagnose folgt die Kontaktaufnahme zu einem Psychiater oder Psychotherapeuten. Erkrankte können sich aber auch direkt an einen dieser Therapeuten wenden, ohne zuvor ihren Hausarzt einzubeziehen. Eine Übersicht nach Postleitzahl und Kontaktmöglichkeiten finden Sie beispielsweise die hier.
Selten bekommen Patienten jedoch sofort einen Platz für eine Psychotherapie. Zwischen der ersten Anfrage beim Psychotherapeuten bis zum Behandlungsbeginn vergehen meist mehrere Monate. Rund 40 Prozent der Patientinnen und Patienten warten mindestens drei bis neun Monate auf den Beginn einer Behandlung. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), bei der 2019 über 300.000 Versicherungsdaten ausgewertet wurden.
Grundsätzlich ist jeder niedergelassene Psychotherapeut verpflichtet, Sprechstunden für Therapiesuchende anzubieten. Konkret müssen sie 100 Minuten pro Woche zur Verfügung stellen, wobei sie mindestens 25 Minuten pro Patient aufwenden müssen. In diesen Sprechstunden schildern Betroffene ihre Probleme – es ist eine kurzfristige und einfache Möglichkeit, mit einem Psychotherapeuten in Kontakt zu treten. Patienten sind seit dem 1. April 2018 verpflichtet, ein solches Erstgespräch wahrzunehmen.
In der Sprechstunde erstellt der Experte unter Umständen eine erste Diagnose. Sind die psychischen Probleme gravierend, steht Betroffenen eine Psychotherapeutische Akutbehandlung offen. Dadurch lassen sich Symptome kurzfristig behandeln. Besteht weiterer Behandlungsbedarf, kommen eine Kurz- oder Langzeittherapie infrage. Vor Aufnahme dieser Maßnahmen sind jedoch zwei bis vier vorbereitende Sitzungen verpflichtend. Darin klären Patient und Therapeut, ob eine Psychotherapie sinnvoll ist und: ob sie die weitere Behandlung gemeinsam angehen möchten.
Damit Gesetzliche Krankenkassen die Kosten für eine Psychotherapie übernehmen, müssen Patienten grundsätzlich einen Antrag bei ihrer Krankenkasse stellen. Die entsprechenden Formulare hält in der Regel der Psychiater bzw. Psychologe bereit. Bei Privatversicherten können sich die Regelungen von Versicherung zu Versicherung unterscheiden. Am besten kontaktieren sie ihre Versicherung und informieren sich über die Konditionen.
Manchmal ist der Leidensdruck so groß, dass Betroffene nicht auf einen Behandlungstermin warten können. Dann ist Soforthilfe gefragt – vor allem bei Suizidgedanken. Diese Hilfsangebote bieten Unterstützung.
Immer mehr Menschen in Deutschland leiden an seelischen Problemen. Das zeigt sich auch anhand der Entwicklung von Arbeitsausfällen hierzulande: Daten des Bundesgesundheitsministeriums belegen, dass die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage der gesetzlich Versicherten aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen im Vergleich von 2011 zu 2016 deutlich gestiegen ist – von 63,65 Millionen auf 91,93 Millionen Tage. Dabei hat sich auch die durchschnittliche Krankheitsdauer von rund 36 Tagen pro Fall auf 40 Tage erhöht.