Studiencheck
Dauerhaft erhöhte Cholesterinwerte – auch Hypercholesterinämie genannt – können die Entstehung verschiedener Folgeerkrankungen, etwa des Herz-Kreislauf-Systems, fördern. Zur Behandlung der Hypercholesterinämie werden neben Lebensstiländerungen auch Medikamente eingesetzt. Dafür kommen verschiedene Gruppen von Arzneimitteln infrage. Das Mittel der ersten Wahl ist die Behandlung mit Statinen.
Welchen Nutzen hat es, Statine einzunehmen? Welche Nebenwirkungen können auftreten? Wir haben uns die Studienlage für Betroffene mit erhöhten Cholesterinwerten ohne bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen angeschaut.
In zwei systematischen Übersichtsarbeiten aus 19 bzw. 18 randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) wurde der Nutzen und Schaden einer Statintherapie bei erwachsenen Personen ohne bekannte Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht.
Die Teilnehmenden der einzelnen Studien wurden dazu per Zufall in zwei Gruppen aufgeteilt:
- Eine Gruppe nahm Statine ein.
- Die andere Gruppe nahm ein Scheinmedikament (Placebo) ein.
Die untersuchten Statine waren Paravastatin, Atorvastatin, Rosuvastatin, Lovastatin, Simvastatin und Fluvastatin. Die Dosierung der Statine in den einzelnen RCTs war unterschiedlich.
Nach sechs Monaten bis maximal sechs Jahren wurde untersucht, welches Risiko in beiden Gruppen besteht, zu versterben oder eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden.
Die Ergebnisse im Einzelnen
Kann durch eine Behandlung mit Statinen bei Erwachsenen mit erhöhten Cholesterinwerten die Sterblichkeit gesenkt werden?
Bei Personen mit erhöhten Cholesterinwerten ohne bekannte Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann durch eine Behandlung mit Statinen über einen Zeitraum von ein bis sechs Jahren im Vergleich zu keiner Statintherapie das Risiko vorzeitig zu versterben reduziert werden. Dies gilt sowohl für die Sterblichkeit insgesamt als auch für Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Sterblichkeit gesamt
- Mit Statintherapie verstarben innerhalb von ein bis sechs Jahren 32 von 1.000 Personen.
- Ohne Statintherapie verstarben innerhalb von ein bis sechs Jahren 37 von 1.000 Personen.
Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Mit Statintherapie verstarben innerhalb von ein bis sechs Jahren elf von 1.000 Personen.
- Ohne Statintherapie verstarben innerhalb von ein bis sechs Jahren 13 von 1.000 Personen.
Auch bei der alleinigen Betrachtung von Todesfällen aufgrund einer koronaren Herzkrankheit (KHK) zeigte sich eine Reduktion des Risikos durch die Statintherapie.
Treten durch eine Behandlung mit Statinen weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen mit erhöhten Cholesterinwerten auf?
Bei Personen mit erhöhten Cholesterinwerten ohne bekannte Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduziert eine Behandlung mit Statinen über einen Zeitraum von etwa vier bis fünf Jahren im Vergleich zu keiner Statintherapie das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Mit Statintherapie erlitten 31 von 1.000 Personen eine nichttödliche Herz-Kreislauf-Erkrankung.
- Ohne Statintherapie erlitten 40 von 1.000 Personen eine nichttödliche Herz-Kreislauf-Erkrankung.
Auch bei Betrachtung einzelner Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall oder bei gemeinsamer Betrachtung von tödlichen und nichttödlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigte sich ein vermindertes Risiko aufgrund der Statintherapie.
Verbessert sich die Lebensqualität durch eine Behandlung mit Statinen bei Menschen mit erhöhten Cholesterinwerten?
Eine verlässliche Antwort auf diese Frage ist derzeit nicht möglich, da die Lebensqualität in nur einer RCT erhoben wurde. Diese ergab, dass eine medikamentöse Behandlung mit Pravastatin im Vergleich zum Scheinmedikament zu einer Reduktion von Stress und Schlafproblemen führen kann.
Welche unerwünschten Folgen sind durch eine Behandlung mit Statinen aufgetreten?
Im Hinblick auf Nebenwirkungen, d. h. auf unerwünschte Ereignisse oder auch solche, die zu einem Abbruch der Therapie geführt haben, war im gleichen Zeitraum kein Unterschied zwischen einer Statintherapie und einer Placebo-Behandlung zu beobachten. Das heißt, bei Personen, die Statine einnahmen, und bei Personen, die das Scheinmedikament bekamen, traten über einen Zeitraum von ein bis sechs Jahren ungefähr gleich viele Nebenwirkungen auf.
Auch im Hinblick auf Muskelschmerzen (Myalgien), deren Auftreten oft mit der Einnahme von Statinen in Verbindung gebracht wird, zeigte sich in den Übersichtsarbeiten über einen Zeitraum von etwa ein bis fünf Jahren kein Unterschied zwischen einer Statintherapie und keiner entsprechenden medikamentösen Behandlung. Der Anteil an Personen, die von Muskelschmerzen berichteten, lag sowohl in den Studiengruppen mit Statintherapie als auch in jenen ohne Statintherapie bei etwa 90 pro 1.000 Personen.
Zuletzt aktualisiert: Januar 2022. Erstellt im Februar 2021. Nächste geplante Aktualisierung: Januar 2025. Wissenschaftliche Beratung: PD Dr. med. Karl Horvath, Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch