Berlin, aktualisiert am 30. Mai 2022 – Seit März 2020 gilt in Deutschland erstmals eine Impfpflicht für Kinder und Menschen, die in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten. Hintergrund sind die niedrigen Impfquoten in Deutschland. Lesen Sie hier, was Eltern jetzt beachten müssen.
Impfungen zählen zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen in der Medizin. Mit ihrer Hilfe können gefährliche, tödliche Krankheiten wie Pocken, Tetanus oder Kinderlähmung kontrolliert oder sogar ausgerottet werden. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Menschen sich oder ihre Kinder nicht impfen lassen. Auch gegen Masern, eine hoch ansteckende Krankheit, die durch Viren ausgelöst wird, gibt es wirksamen Impfschutz. Doch in Deutschland sind die Impfquoten noch zu niedrig, sodass es immer wieder zu regionalen Ausbrüchen kommt.
Laut den Meldedaten des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind die Masern in Deutschland seit 2015 wieder rückläufig. Damals wurden noch 2465 Fälle gemeldet. 2019 waren es nur noch 514 Fälle. Im Jahr 2021 meldete das RKI insgesamt nur 76 Masernfälle. Der starke Rückgang könnte auf Kontaktbeschränkungen während der Coronavirus-Pandemie zurückzuführen sein.
Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) ist ein unabhängiges Gremium aus Experten. Die STIKO orientiert sich an der evidenzbasierten Medizin. Sie nimmt dabei Risiken für den Einzelnen als auch für die Bevölkerung genau in den Blick. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission gelten als medizinischer Standard. Sie ist am Robert-Koch-Institut angesiedelt und wird dort vom Fachgebiet Impfprävention koordiniert.
Bereits seit 2010 gibt die STIKO Empfehlungen zur Masernimpfung. Vielen Menschen sind die Vorgaben der STIKO jedoch unbekannt. Laut BZgA kennen 72 Prozent der Bevölkerung in Deutschland bspw. die konkrete Empfehlung nicht, dass auch nach 1970 geborene Erwachsene eine Masernimpfung durchführen lassen sollten.
Viele Kinder in Deutschland werden zu spät oder nicht vollständig gegen Masern geimpft. Nach aktuellen Daten waren 2021 nur 76 Prozent der Kinder im Alter von 24 Monaten vollständig gegen Masern geimpft.
In Europa haben 35 Länder dank einer hohen Impfquote die Masern bereits überwunden. In zwei weiteren europäischen Ländern konnte die Infektionskette zumindest für zwölf Monate unterbrochen werden, vermeldet die Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Deutschland zählt jedoch nicht dazu. Zwar sind die Impfquoten in Deutschland bis 2016 im Vergleich zu den Vorjahren für die erste und zweite Masern-Impfung angestiegen. Seit 2016 stagnieren sie jedoch wieder. Vor allem die zweite Impfung, die zur vollständigen Immunisierung notwendig ist, erfolgt nicht im erforderlichen Maße. Nach Angaben des RKI betrug die Impfquote bei Schulanfängern 2019 für die erste Masern-Impfung 97,2 Prozent. Die zweite Impfung hatten bei Schuleintritt aber lediglich 92,7 Prozent der Kinder. Mit dem neuen Masernschutzgesetz soll dem nun entgegengewirkt werden. Denn laut WHO ist eine Impfquote von 95 Prozent notwendig, um die Krankheit vollständig auszurotten.
Dass viele Menschen in Deutschland den Stich mit der Nadel scheuen oder ihre Kinder nicht impfen lassen, hat verschiedene Ursachen. Ein wichtiger Faktor ist die persönliche Einschätzung. So halten 13 Prozent der Bevölkerung die Masern-Impfung für „nicht so wichtig“. Dies zeigt eine repräsentative Befragung zum Wissen und Verhalten der Menschen durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). 47 Prozent der Befragten gaben an, sie hätten Impftermine schlicht vergessen. 19 Prozent fanden es zu zeitaufwändig für eine Impfung in die Arztpraxis zu gehen. 25 Prozent fürchten Nebenwirkungen. Weitere Gründe waren Zweifel an der Wirksamkeit der Impfung, oder eine generelle Ablehnung von Impfungen.