Berlin, 08.06.2021 – Laut IGeL-Report 2020 bieten Ärzte sie mittlerweile jedem zweiten Patienten an: Individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL. Dazu zählen beispielsweise Atteste und Reiseimpfungen, aber häufig auch medizinische Maßnahmen zur Vorsorge, Früherkennung oder Therapie von Krankheiten, wie Akupunktur zur Migräneprophylaxe, Innendruckmessung der Augen oder professionelle Zahnreinigung.

Doch nicht alle dieser „Selbstzahlerleistungen“ sind nützlich. Warum kommen die gesetzlichen Krankenkassen nicht für solche Leistungen auf? Was sollten Patienten für das Arztgespräch wissen und beachten? Und wer hilft, wenn man unsicher ist oder etwas passiert? Ein Überblick.

Deshalb übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen IGeL nicht.

Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen laut Sozialgesetz nur Leistungen bewilligen, die „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sind und „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“ (§ 12, SGB 5). Auf dieser Grundlage legt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fest, ob eine medizinische Untersuchungs- oder Behandlungsmethode von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden muss oder nicht. Vom G-BA als Kassenleistung abgelehnte oder nicht bewertete Leistungen werden oft als sogenannte IGeL (Individuelle Gesundheitsleistungen) angeboten, Patienten müssen sie selbst zahlen. Allerdings gilt diese Definition mit Einschränkungen. Denn jede Kasse kann unterschiedlich viele Leistungen freiwillig übernehmen. Es ist deshalb eindeutiger, unter IGeL alle Leistungen zu verstehen, die nicht zum festgeschriebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehören, die eine Kasse also nicht zahlen muss.
Die genaue Anzahl solcher Leistungen ist schwer zu ermitteln, da keine einheitliche Definition existiert und ständig neue IGeL auf den Markt kommen und wieder verschwinden. Schätzungen gehen davon aus, dass mehrere Hundert IGeL existieren. Die jährlichen Ausgaben belaufen sich auf etwa eine Milliarde Euro, so eine Hochrechnung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK. 

Top 10 der Individuellen Gesundheitsleistungen beim Arzt

So erkennen Sie, ob eine Individuelle Gesundheitsleistung sinnvoll ist.

Ob eine IGeL sinnvoll, nutzlos oder gar schädlich ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Grundsätzlich macht eine medizinische Leistung immer dann Sinn, wenn sie notwendig ist und der Nutzen den Schaden überwiegt. Dies hängt häufig vom Einzelfall und der jeweiligen Leistung ab. Eine Entscheidungshilfe für Patienten: der IGeL-Monitor des „Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen“ (MDS). Die Plattform bietet Bewertungen und Aussagen über die Wirksamkeit gängiger IGeL, abgestuft nach „positiv“, „tendenziell positiv“, „unklar“, „tendenziell negativ“ und „negativ“. Zu diesen Aussagen gelangt das Team des IGeL-Monitors, indem es möglichst viele wissenschaftliche Arbeiten zu Nutzen und Schaden einer Leistung auswertet. Das Vorgehen entspricht den Prinzipien der Evidenzbasierten Medizin (EbM). Alle Ergebnisse sind online kostenlos abrufbar. 

Beispielsweise bewertet der IGeL-Monitor das „MRT der Brust zur Krebsfrüherkennung“ als „tendenziell negativ“. Der Grund: Es liegen (Stand Mai 2018) keine Studien vor, die belegen, dass Frauen davor bewahrt werden an Brustkrebs zu sterben, wenn sie die MRT durchführen lassen. Stattdessen können schädliche Nebenwirkungen und unnötige Behandlungen folgen. 

So reagieren Sie, wenn Ihr Arzt Ihnen eine IGeL anbietet.

Patienten haben das Recht auf ärztliche Aufklärung. Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin nach Nutzen und Risiken der angebotenen Leistung, wie gut sie geprüft ist und warum sie keine Kassenleistung ist. Ihr Arzt ist verpflichtet, Sie umfassend über Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. 

Wenn Sie sich trotz aller Informationen unsicher sind, erbitten Sie sich Bedenkzeit. Sie müssen einer Individuellen Gesundheitsleitung nicht zustimmen. IGeL sind in der Regel nicht dringend. Alle medizinisch notwendigen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. 

Was Sie bei der Abrechnung beachten sollten.

Ob Blutuntersuchung oder Krebsvorsorge: Ärzte sind bei der Abrechnung von Individuellen Gesundheitsleistungen an die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gebunden, sie ist öffentlich einsehbar. Die Höhe des Satzes richtet sich nach dem Leistungsaufwand. Nur besonders schwierige oder umfangreiche IGeL rechtfertigen den Höchstsatz – Pauschalpreise oder Erfolgshonorare sind nicht zulässig. Sie können sich vorab einen nachvollziehbaren Kostenvoranschlag erstellen lassen, der alle Kosten nach der GOÄ enthält und eine schriftliche Vereinbarung mit Ihrem Arzt abschließen. Ohne Vertrag sind Sie nicht verpflichtet, geleistete IGeL zu bezahlen.

Wo Sie Hilfe bekommen können.

Gehen Sie grundsätzlich davon aus, dass Ihr Arzt in Ihrem Interesse handelt und Sie wissenschaftlich fundiert, laienverständlich und sachlich informiert. Wenn Sie Zweifel haben oder weitere Hilfe benötigen, können Sie sich jederzeit an folgende Anlaufstellen wenden: 

  • Fragen zur Kostenübernahme von Leistungen beantwortet Ihre Krankenkasse. 
  • Sachliche Informationen und Bewertungen zu den wichtigsten IGeL erhalten Sie beim IGeL-Monitor.
  • Falls Sie sich konkret über Fehlverhalten im Bezug auf IGeL beschweren möchten, können Sie die Plattform IGeL-Ärger.de der Verbraucherzentralen nutzen oder wenden sich an Ihre jeweilige Landesärztekammer.
  • Die „Unabhängige Patientenberatung Deutschland“ hilft bei persönlichen und allgemeinen Gesundheitsfragen. 
  • Auch die Verbraucherzentralen bieten persönliche Beratungen zum Thema an. 
Quellen Aktualität der Informationen