Prof. Dr. Ruth Kirschner-Hermanns, Fachärztin für Urologie, Bonn: Wie kann ich Inkontinenz ansprechen?
Über Inkontinenz zu reden fällt erstmal schwer. Wir reden ja auch nicht über unsere Toilettengewohnheiten und das hat natürlich ein hohes Tabu-Maß. Aber wenn Sie zu einem Arzt gehen, und erst Recht, wenn Sie zu einem Urologen oder einem Gynäkologen gehen dann wissen sie ja eigentlich, wie beim Zahnarzt, dass er keine Angst davor hat in den Mund zu gucken so haben wir natürlich auch keine Angst über Inkontinenz zu sprechen.
Die Männer haben mehr unter Inkontinenz zu leiden weil sie weniger an den Gebrauch von Vorlagen gewöhnt sind und weil Sie weniger auf ihren Körper hören und weil sie, glaube ich, leichter verdrängen. Auf der anderen Seite: jungen Menschen fällt es schwer, weil sie sich auf einmal älter fühlen und denken "Nee, das kann doch nicht sein, dass ich schon in meinem Alter mit solchen Problemen, die jetzt vielleicht auch meine Großmutter oder meine Großeltern haben, konfrontiert werde." Aber sie sind es, wenn sie dann mal den Schritt zum Arzt machen, auch mehr gewöhnt, darüber zu reden.
Es ist einfach so: der Funktionsverlust wird empfunden, vor allen Dingen bei jüngeren Leuten. Wenn Sie also gerne Sport machen und Sie merken, Sie kommen bei einem Lauf nicht mehr trocken in die Zielgerade oder Sie merken Urinverlust beim Tanzen. Und ich glaube, wenn Sie die Entscheidung für sich getroffen haben dann ist das mit dem Reden auch gar nicht mehr so schwer.
Also ganz unverkrampft, wenn man mal ehrlich ist, kann das nicht sein. Weil wir entleeren nun mal normalerweise unsere Blase nicht in der Öffentlichkeit. Und ich glaube das muss man auch einfach so akzeptieren. Die andere Sache ist nur, dass diese normale Scham nicht dazu führen sollte, sich bei Problemen nicht dem Spezialisten zu öffnen.