Stress: Wozu ist er gut? Wann macht er krank?
Stress ist eigentlich eine ganz natürliche Reaktion unseres Körpers, die unsere Alarmbereitschaft in bedrohlichen Momenten erhöht. Seit Urzeiten hilft sie uns, gefährliche Situationen zu bewältigen. Im Wesentlichen stellt die Stressreaktion dem Körper Energie bereit. Wir werden wacher und reagieren schneller, sodass wir rasch handeln oder die Flucht ergreifen können.
Stress kann aber nicht nur bei Gefahren, sondern auch bei ganz alltäglichen Herausforderungen entstehen. Typische Stressauslöser sind:
- Zeitdruck
- Reizüberflutung
- Hohe Ansprüche an die eigene Leistung
- Belastende Lebensereignisse, z. B. Jobverlust
- Körperliche Auslöser wie Krankheit oder Schlafmangel
- Lärm, Hitze oder andere äußere Umstände
Was Stress in uns auslöst, ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Es kommt immer darauf an, wie bedrohlich jemand eine Situation empfindet. Während die einen z. B. gut unter Zeitdruck arbeiten können, empfinden andere schon die Festlegung einer Frist als unangenehm.
Es gibt Menschen, die in stressigen Situationen förmlich über sich selbst hinauswachsen. Andere dagegen fühlen sich abgekämpft und gehetzt. Tatsächlich kann man stressige Situationen unterschiedlich wahrnehmen. Ob wir ihn als gut oder schlecht empfinden, hängt im Wesentlichen von zwei Dingen ab:
- Wie groß ist der Stress?
- Haben wir ausreichende Bewältigungsstrategien?
Anforderungen, die wir gut meistern können, nehmen wir oft als positiv wahr. Können wir Anforderungen hingegen nur schwer oder gar nicht bewältigen, erleben wir diese eher als Belastung. Das führt zu negativem Stress. Übrigens: Wir müssen uns nicht in einer belastenden Situation befinden, um gestresst zu sein. Auch die Erwartung einer solchen Situation reicht aus. Wer z. B. Angst vor dem Zahnarzt hat, kann sich schon Tage vor dem Zahnarztbesuch gestresst fühlen.
Experten unterscheiden u. a. zwei Arten von Stress:
- Akuter Stress ist ein kurzer und zeitlich begrenzter Stressmoment, z. B. wenn man auf der Arbeit ein wichtiges Projekt in kurzer Zeit abschließen muss
- Chronischer Stress ist ein lang anhaltender Stress, der z. B. bei andauernden finanziellen Problemen oder langen Erkrankungen auftreten kann
Die Stressreaktion wird von Teilen des Gehirns, einem Teil des Nervensystems und den Nebennieren gesteuert. Sie kommunizieren über bestimmte Botenstoffe miteinander. Dabei spielen vor allem die Stresshormone Adrenalin und Kortisol eine wichtige Rolle.
Bei einer akuten Bedrohung sendet das Gehirn innerhalb von Sekunden Signale über das Nervensystem an die Nebennieren. Diese schütten daraufhin vermehrt Adrenalin in die Blutbahn aus Adrenalin hat mehrere Effekte, z. B.:
- Das Herz schlägt stärker und schneller
- Der Blutdruck steigt
- Muskeln werden stärker durchblutet
- Der Blutzuckerspiegel steigt
- Energie aus dem Fettgewebe wird freigesetzt
- Die Aufmerksamkeit steigt
Diese Effekte liefern Energie. Alle Vorgänge, die im Zuge der jeweiligen Bedrohung nicht wichtig sind, werden gedrosselt. Dazu gehört z. B. die Verdauung. Adrenalin bewirkt außerdem, dass wir Schmerz nicht mehr so stark spüren.
Wenig später sorgt das Gehirn dafür, dass die Nebennieren ein weiteres Hormon vermehrt ausschütten: das Kortisol. Auch Kortisol sorgt dafür, dass der Körper Energie freisetzt, etwa in Form von Zucker oder Fett, z. B. auf folgenden Wegen:
- Der Darm nimmt mehr Zucker aus der Nahrung auf
- Die Leber bildet mehr Zucker und der Blutzuckerspiegel steigt
- Aus dem Fettgewebe werden Fette abgebaut
Kortisol unterstützt uns dabei, Entscheidungen zu treffen. Es führt außerdem dazu, dass wir besser hören, riechen, schmecken und Berührungen spüren. Auch unsere Gefühlswelt soll es beeinflussen.
Sobald die stressige Situation vorbei ist, schüttet der Körper weniger Stresshormone aus und alle Vorgänge normalisieren sich wieder.
Stresshormone werden nicht nur gebildet, wenn wir tatsächlich Stress haben. Auch im sonstigen Alltag helfen diese Hormone dem Körper, unterschiedliche Aufgaben zu meistern. Kortisol wird zum Beispiel vor allem am Morgen in das Blut abgegeben. Das soll uns optimal auf die Herausforderungen des Tages vorbereiten.
Ist eine akute Stress-Situation überstanden, drosselt der Körper die Ausschüttung der Stress-Hormone Adrenalin und Kortisol. Die Vorgänge im Körper normalisieren sich wieder. Hält der Stress jedoch über längere Zeit an, wird der Körper ständig in Alarmbereitschaft gehalten und kommt nur noch schwer zur Ruhe: Der Stress wird chronisch.
Bei chronischem Stress ist die Stressantwort des Körpers verändert. Betroffene Personen haben dann mehr Kortisol im Blut als gewöhnlich. Dies kann verschiedene Folgen für den Körper nach sich ziehen, z. B.:
- Die Körperzellen nehmen den Zucker aus dem Blut weniger gut auf. Das führt dazu, dass die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin bildet. Insulin ist ein Hormon, das die Aufnahme von Zucker in die Körperzellen fördert.
- Der Körper lagert vermehrt Fett in der Bauchgegend ein. Dies begünstigt Übergewicht. Manche nennen dieses Phänomen Stressbauch.
Eine kurze Stressreaktion macht normalerweise nicht krank. Chronischer Stress erhöht allerdings das Risiko verschiedener Erkrankungen. Zwar ist ein direkter Zusammenhang zwischen Stress und bestimmten Erkrankungen schwer zu belegen. Man geht aber davon aus, dass Stress die Gesundheit auf indirektem Weg beeinflusst.
- Durch die anhaltende Belastung fehlt dem Körper die Zeit, sich zu erholen. Dies führt dazu, dass krankmachende Prozesse im Körper beschleunigt werden.
- Stresshormone stellen dem Körper Energie in Form von Fett und Zucker im Blut bereit, sodass er gegen eine Bedrohung ankämpfen oder davor flüchten kann. In modernen Zeiten müssen wir jedoch selten kämpfen oder fliehen, sodass die Energie nicht verbraucht wird. Fett und Zucker verstopfen die Blutbahn und fördern Verengungen in den Blutgefäßen.
- Stress kann das Immunsystem unterdrücken. Dadurch hindert er den Körper daran, Krankheitserreger (z. B. Viren) zu bekämpfen. Diese können sich dann vermehren und zu einer Erkrankung führen.
- Durch Stress können Menschen ungesunde Verhaltensweisen entwickeln, z. B. rauchen sie, trinken Alkohol, essen ungesund oder schlafen zu wenig. Das wiederum kann verschiedene Erkrankungen fördern.
Verschiedene Erkrankungen werden daher mit Stress in Verbindung gebracht:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt
- Stoffwechsel-Erkrankungen: Diabetes Typ 2 oder erhöhtes Cholesterin
- Schmerzen, z. B. Kopf- oder Rückenschmerzen, Verspannungen
- Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen
- Beschwerden der Sinnesorgane: Ohrgeräusche, Hörsturz, erhöhter Augeninnendruck
- Magen-Darm-Beschwerden: Erbrechen, Übelkeit, Reizdarm-Syndrom
Fachleute gehen davon aus, dass lang anhaltender Stress einen größeren Einfluss auf unsere Gesundheit hat als kurze Stressmomente.