Woran erkennt man Suizid-Absichten?
Bei vielen schweren psychischen Erkrankungen, besonders bei Depressionen, gehören Suizid-Absichten, also Gedanken nicht mehr leben zu wollen, dazu. Und man erkennt sie daran, indem die Menschen sich zurückziehen, aus den sozialen Beziehungen rausgehen, an nichts mehr Freude haben, oft dann auch so Bemerkungen machen: "Das ist mir alles zu viel. Ich halte das nicht mehr aus. Ich bin für euch eine Belastung." Und manchmal sogar auch richtig Anmerkungen machen: "Ich will nicht mehr leben."
Sollen Angehörige das Thema Suizid ansprechen?
Es gibt ja so ein Vorurteil, wenn man es anspricht, dann verstärkt man noch die Idee. Das ist überhaupt nicht der Fall. Die Erfahrung ist, dass die Menschen eher entlastet sind, wenn man darüber spricht. Wichtig ist eben, sehr offen zu fragen, nicht verschämt, nicht versteckt, sondern offen zu fragen. Zum Beispiel: "Du bist jetzt schon so lange psychisch krank, hast eine Depression und ich habe gelesen, ich habe gehört, dass man dann auch lebensmüde Gedanken kriegt. Hast du sowas, hast du solche Gedanken? Hast du vielleicht auch schon Pläne gemacht, hast du dir schon überlegt, wie du dir das Leben nehmen willst? Wie drängend ist das? Geht das wieder vorbei oder ist das den ganzen Tag?"
Und ganz wichtig, eben kein Schuldgefühl machen den Patienten. Weil oft sind die Menschen schon eh mit sehr viel Hoffnungslosigkeit, aber auch Selbstwertzweifel, manchmal sogar Selbsthass ausgestattet. Also keine Schuldgefühle machen, entlasten, offen darüber sprechen.
Wie kann man auf geäußerte Suizid-Absichten reagieren?
Für Angehörige ist es ja oft ganz schwer auszuhalten, wenn jemand lange depressiv ist und dann noch lebensmüde Absichten äußert. Wichtig ist, mitzuteilen: "Ich sehe, wie schlecht es dir geht. Ich sehe, dass du eine Depression hast, sehe, dass du Not hast und wir müssen gemeinsam was unternehmen, dass du da raus kommst." Nachdrücklich sagen: "Du brauchst Hilfe, wir gehen zusammen zum Psychiater, zum Psychotherapeuten." Nachdrücklich dabei bleiben, ein Hilfsangebot, auch von Externen, aufzusuchen.
Was, wenn Betroffene Unterstützung verweigern?
Also wenn der Angehörige die Hilfe verweigert, was oft vorkommen kann, weil er Selbstzweifel hat und sich nicht traut, Hilfe zu holen, dann ist es wichtig, jemand anderen dazu zu holen. Vielleicht noch jemanden aus der Familie oder aber auch, wenn gar nichts geht, wenn man überhaupt nicht durchdringt bei dem depressiven Patienten, dann eben auch externe Hilfen holen. In jeder Stadt gibt es einen Sozialpsychiatrischen Dienst. Der ist im Gesundheitsamt beheimatet und den kann man anrufen. Die machen auch Hausbesuche. Und in vielen Städten gibt es auch sogenannte Krisendienste. Auch die haben 24 Stunden am Tag Bereitschaft und können nach Hause kommen. Und wenn das alles nicht möglich ist, dann, wie bei einem körperlichen Notfall 112, die Feuerwehr rufen und sagen: "Hier ist Gefahr in Verzug, dieser Mensch ist selbsttötungsgefährdet." Und dann muss die Feuerwehr kommen und ihn auch gegen den Willen in die Klinik bringen.
Was passiert dann in der Klinik?
Also wenn jemand in die Klinik kommt, wird erstmal geklärt: Wie stark sind die suizidalen Absichten? Und es kann durchaus auch sein, dass man sagt, das geht mit einer ambulanten Behandlung, in der Institutsambulanz oder aber auch mit einer Aufnahme in einer Tagesklinik, die nur tagsüber Therapie anbietet. Wenn die Gedanken allerdings sehr stark sind, dann muss eine stationäre Aufnahme sein. Und wenn sie superstark sind, dann auch in einem eher geschützten Bereich, Intensivbereich, manchmal sogar mit eins zu eins-Betreuung die ersten Stunden. Wichtig ist, dass der Betroffene das Gefühl hat, er ist erstmal in einem Schutzraum. Und manchmal ist es sogar so, dass Patienten sagen: "Hier fühle ich mich erstmal geschützt." und sind erstmal ein Stück entlastet, wenn sie dann da sind.
Und danach beginnt die Therapie. Man versucht natürlich, Vertrauen aufzubauen, zu erklären, was passiert in der Therapie. Und das ist einerseits die Psychotherapie, also Gespräche führen: "Was ist der Hintergrund für die Depression, für die suizidalen Gedanken?" Und bei schweren Depressionen auch eine antidepressive Medikation. Dazu gehört natürlich auch, dass die Angehörigen, wann immer Sie wollen, dazu kommen können, auch mit einbezogen werden, auch mit ihrer Sicht auf die Entwicklung einbezogen werden und für den Patienten natürlich auch vertrauensbildende Maßnahmen, zu wissen: Ich bin nicht weggesperrt, sondern ich habe jederzeit die Möglichkeit, auch meine Familie, meine Freunde zu sehen.
Mehr Informationen zum Thema Depression und Suizid-Gedanken finden Sie auf dem Gesundheitsportal der Stiftung Gesundheitswissen.
Wissen ist gesund.