Sprechstunde Patient und Arzt - Depression
Wie wichtig ist das Annehmen professioneller Hilfe?
Am Anfang war es für mich eine gewisse Überwindung, überhaupt nach Hilfe zu fragen.
Es hieß ja immer, man würde zum Seelenklempner oder Bekloppten-Doktor gehen. Und das war für mich wirklich hart! Mache ich das? Oder mach ich das nicht?
Es kam wirklich der Punkt, dass ich mich entschieden habe, doch etwas zu machen. Und zwar über die Uniklinik. Und habe meinen Vater gebeten, mich dorthin zu bringen. Dort bin ich an einen Arzt geraten, der gleich erkannt hat, was mit mir los ist.
Man kann diese Hilfe in Anspruch nehmen. Man ist nicht bekloppt und man ist auch nicht doof! Und man verschwindet auch nicht von der Welt.
Ich habe mir gesagt, lieber jetzt sechs Monate mich selbst finden, mit mir und an mir arbeiten, als dass ich die Probleme mein Leben lang vor mir herschiebe.
Wie schnell konnten Sie mit der Therapie beginnen?
Auf meinen ersten Behandlungstermin habe ich tatsächlich 3 Monate gewartet. Mir wurde allerdings am Telefon schon gesagt, dass in einem Akutfall oder wenn ich Selbstmordgedanken habe oder ähnliches, dann soll ich mich sofort melden. Dann gibt es bestimmt auch andere Lösungen.
Diese Wartezeiten waren natürlich schlimm! Ich brauchte die Hilfe ja jetzt. Und nicht irgendwann in zwei, drei Monaten. Sondern jetzt!
Die Wartezeit ist unendlich lang. Außer man hat ein Auto und fährt dann bis zu 50 km weit. Das kann man aber nicht. Wenn man aus der Therapie rauskommt, ist man einfach fertig. Und dann noch Auto fahren? Das wäre für mich keine Option gewesen.
Was ist die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie?
Mit meiner ersten Therapeutin kam ich super zurecht. Sie ist dann aber leider in Rente gegangen. Und dann wieder jemanden zu finden, dem ich auf Anhieb vertrauen kann, das war gar nicht so leicht. Dann hört man schon mal: "Nein, geh besser nicht zu dem Therapeuten, guck dich lieber woanders um."
Damals, bevor ich mich in die Tagesklinik begeben habe, habe ich mich über Kliniken, den Aufenthalt und deren Methoden informiert. Und ich habe im Internet wirklich nur Horrorgeschichten gelesen, so dass ich schon Angst hatte, mich überhaupt darauf einzulassen. Im Nachhinein habe ich das - Gott sei Dank - abgelegt und mich darauf eingelassen. Sonst würde ich heute hier nicht so sitzen!
Es ist sehr schwer, überhaupt einen guten Therapeuten zu finden, wo man sich öffnen kann, die einen auch verstehen oder das Leben auch verstehen.
Ich bin tatsächlich sogar in eine andere Stadt gefahren, regelmäßig, um einen Therapeuten zu finden, dem ich auch vertrauen kann.
Wie nützlich sind Internet- und Eigenrecherchen?
Man sollte darauf verzichten, sich in Foren und Patientengruppen auf den von Rat von Mitpatienten zu verlassen. Denn dafür gibt es Fachleute und eben nicht Mitpatienten. Denn denen geht es im Moment genauso schlecht oder schlechter als einem selbst.
Online-Recherchen können in dem Sinne positiv sein, dass sie einem bei Lösungsansätzen helfen können. Andererseits können sie auch schnell Panik verursachen, in dem sie Schlimmeres diagnostizieren als man eigentlich hat.
Ja, man muss vorsichtig sein, wenn irgendwelche unbekannten Seiten irgendwelchen Quatsch schreiben und das stimmt nicht.
Wenn jemand sagt: „Ich nehme die Stunde 150 Euro, aber ich kann Dir helfen!" Finger weglassen!
Es ist sehr wichtig, dass man sich nicht nur auf eine Quelle verlässt. Denn Quellen können man manchmal doch sehr einseitig sein. Und sich da bei mehreren Quellen zu informieren und zu schauen, das ist schon sehr wichtig, denke ich.
Wissen ist gesund.