Dr. Jens Plag
Vermeidung ist ein wichtiger und zentraler Baustein in der Aufrechterhaltung von Angsterkrankungen. Durch Vermeidung wird verhindert, dass der Patient eine korrigierende Erfahrung macht und realisiert, dass die Befürchtungen, die mit der Angstreaktion verbunden sind, nicht eintreten. Entsprechend sehen wir häufig bei Angehörigen ein Verhalten, das zwar gut gemeint ist – letztendlich aber zur Aufrechterhaltung und zum weiteren Fortbestehen der Angsterkrankung beiträgt.
Viele sagen: "Mein Mann, meine Frau, mein Kind kann ja so Einiges wegen der Angst nicht mehr tun!", "Und deshalb nehme ich ihm das ab." Das ist aber unserer Erfahrung nach und auch auf Basis der Studienergebnisse auf diesem Feld genau der falsche Weg!
Angehörige sollten sich dahingehend verhalten, dass sie den Patienten ermuntern, die Angst auslösenden Situationen - auch wenn es schwierig ist – aufzusuchen und sie idealerweise nach den Techniken, die in der Psychotherapie erlernt worden sind, durchzustehen.
Durch das Abnehmen von Aufgaben, die angstauslösend sind, lernt der Patient lediglich, dass tatsächlich die Angst nur dann unter Kontrolle gehalten werden kann, wenn er entsprechende Situationen vermeidet. Aber genau das darf nicht der Lerneffekt sein! Sondern es muss gelernt werden, dass - auch wenn ich Angst verspüre - diese genau dann abfällt, wenn ich mich der Situation stelle.
Wie ist es mit Körperkontakt während einer Angstreaktion? Soll ich dem Betroffenen die Hand halten? Soll ich die Hand beruhigend auf seine Schulter legen oder ähnliches? Hier ist Vorsicht geboten. Denn auch
dies kann eine Beruhigungsstrategie sein, die dem Patienten signalisiert: Nur wenn jemand nahe bei mir ist, körperlich nah bei mir ist, kann ich die Angst kontrollieren und die Situation durchstehen.
Weitere Informationen finden sie unter www.stiftung-gesundheitswissen.de
Wissen ist gesund.